Wie zu hören ist, hat die Wissenschaft inzwischen das vermeintlich ewige Rätsel gelöst, wer zuerst da war: Henne oder Ei. Die Henne, heißt es, sei schneller gewesen, was auch einleuchtet – woher sollte ohne Henne das Ei kommen? Die These, dass ein Reptil das Ei ausgebrütet hätte, in dem dann auf einmal ein Küken steckte, erscheint weit hergeholt.

Nach wie vor umstritten ist dagegen eine evolutionäre Frage, die das Biotop Schalke 04 betrifft. Ob der Spieler Mladen Krstajic (2004 – 2009 Profi auf Schalke) oder dessen Zwilling, das Vereinsmaskottchen Erwin (geboren am 4. Mai 1994) zuerst da war, lässt sich bisher nicht durch die besagten biografischen Daten klären. Unstrittig ist, dass Krstajic und Erwin der Natur nach Menschenwesen sind, was sie vom bisher noch namenlosen Maskottchen der Europameisterschaft 2024 unterscheidet, das am Dienstag an Erwins Geburtsort Gelsenkirchen weltexklusiv vorgestellt wurde.

Offensichtlich soll es sich um einen Bären handeln, allerdings liegt seine Abstammung der Erscheinung nach nicht im tiefen Wald, sondern in der Computerwelt. Er gehört nur noch entfernt der Familie der Ursidae an, seine eigentliche Herkunft liegt stattdessen in der stark wachsenden Population von Cyberwesen, die vermutlich bald die Welt beherrschen werden. Immerhin trägt er im Gegensatz zu Löwe Goleo, umstrittenes Maskottchen der WM 2006, eine Hose.

Erstmal aber stellte sich das anonyme Wesen in friedlicher Mission in der Gesamtschule Berger Feld, unweit der Schalker Arena, dem Publikum vor. EM-Turnierdirektor Philipp Lahm und DFB-Vizepräsidentin Celia Sasic standen ihm zur Seite, Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge und einige Schüler waren auch zugegen. Die Schule, die mit Schalke 04 kooperiert, ist der Stolz der Stadt: Hier haben etliche Schalker Junioren-Spieler wie Neuer, Özil, Höwedes, Sané und viele andere, ihren Abschluss gemacht.

Mit einer offiziösen Feierstunde hatte die Veranstaltung aber erfreulich wenig zu tun. Spätestens beim Gipfeltreffen zwischen Schalkes Erwin und dem neuen EM-Botschafter in der Turnhalle wurden alle Förmlichkeiten abgelegt. Bei einem Fußballspiel mit den Gesamtschülern, den Ex-Profis Sasic und Lahm und der Oberbürgermeisterin stand das Maskottchen im Tor und blieb, auch wegen seiner Leibesfülle, ohne Gegentreffer.

Hier besteht zugleich ein Problem. Da der plüschige EM-Repräsentant fast so breit wie hoch ist, kam er nicht durch die Tür der Turnhalle, er musste sich seitlich hindurchzwängen. Zeugen der Szene kam daher sofort der Braunbär „Bruno“ in den Sinn, der als Problembär bezeichnet und – ausgerechnet – während der deutschen WM 2006 im Zuge einer bayrischen Pirschjagd totgeschossen wurde. Vielleicht wäre es eine Form von später Gerechtigkeit, wenn man nun 17 Jahre später in seinem Gedenken das Maskottchen Bruno taufen würde. Die Namensgebung soll allerdings in einem publikumsoffenen Verfahren erfolgen. Herbärt, Bärnardo, Bärnheart oder Herzi von Bär stehen zur Wahl. Guter Vorschlag aus der Mitte der Vorschläge: Air BÄRon, eine Zaunfahne mit entsprechender Aufschrift samt Fan Frank Niemann ist seit langem ein ständiger Begleiter der deutschen Nationalelf.