Gut ein Jahr sind die Fotos aus der Schweiz alt, doch sie wirken noch immer nach, sogar beim FC Augsburg. Zu sehen auf diesen Bildern ist Sportchef Marinko Jurendic. Mal liegt er sich auf dem Rasen des St. Jakob-Parks, im Stadion des FC Basel, mit seinem langjährigen Mitarbeiter Heinz Moser in den Armen. Mal lächelt er auf dem Balkon des Volkshauses Zürich mit Trainer André Breitenreiter in die Kameras, während tausende Menschen unter ihnen auf dem Helvetiaplatz ins rote Licht bengalischer Feuer getaucht sind. Zwischen den Aufnahmen vom 1. Mai des vergangenen Jahres liegen einige Stunden. Zu sehen sind die Momente nach dem entscheidenden 2:0-Sieg in Basel und bei der anschließenden Titelfeier in Zürich. Jurendic trägt auf den Bildern stets ein T-Shirt mit dem Aufdruck „FCZ Meister 2021/22“.
Gut ein Jahr nach ihrem größten Erfolg beim FC Zürich schließen sich die Schweizer nun dem FC Augsburg an. Jurendic, 45, übernimmt die neu geschaffene Position des Sportdirektors. Seinen Vertrauten Moser, 55, bringt er auf eigenen Wunsch mit. Dieser wird wie beim FCZ als „Leiter Entwicklung“ arbeiten und sich vor allem um die engere Verzahnung von Profis und Nachwuchs kümmern.

Sie kommen als Schweizer Meister: Sportchef Marinko Jurendic (links) und Heinz Moser (rechts, dazwischen Trainer André Breitenreiter).
(Foto: Manuel Geisser/Imago)
Von Meister-T-Shirts wie beim FCZ träumen sie beim FCA zwar nicht, obwohl für die Aufdrucke nur ein Buchstabe und zwei Ziffern ausgetauscht werden müssten, vor allem aber natürlich ein paar Niederlagen gegen Siege. Große Hoffnungen sind trotzdem mit Jurendic und Moser verbunden. Sie sollen als Duo für die Zukunft maßgeblich dazu beitragen, die mittelfristig angestrebte Entwicklung der Augsburger in Richtung Top Ten der Bundesliga voranzutreiben. Dass die beiden zusätzlich zum vorhandenen Personal eingestellt werden, die sportliche Kompetenz erweitern und eine neue Strukturebene bilden, ist auch Ausdruck des Wachstumskurses beim FCA.
Ihren Dienst treten sie erst am 1. August an. Der späte Beginn ist ein Zugeständnis an den FC Zürich, der sich wegen der Weggänge neu sortieren muss. Das führt zu einem kleinen Kuriosum. Vor allem Jurendic soll beim FCZ noch die Kaderplanung für die kommende Saison übernehmen. Erst danach kann er sich unter anderem genau dieser Aufgabe beim FCA widmen, schwerpunktmäßig aber erst für die künftigen Transferphasen ab Winter 2023/24. Zuständig sei Jurendic künftig auch für alle anderen Themen rund um die Lizenzmannschaft, teilten die Augsburger mit. Gemeint ist damit vor allem die tägliche Zusammenarbeit mit Trainer Enrico Maaßen, die Präsenz im Training sowie die Bereiche Scouting, Mitarbeiter und Nachwuchs.
Reuter von der Bank auf die Tribüne – Wechsel von Union-Stürmer zum FCA steht bevor
Jurendic wird künftig auch anstelle von Stefan Reuter, 56, bei den Spielen mit auf der Bank sitzen. Das könnte vor allem aus Sicht mancher Schiedsrichter und Vierter Offizieller eine gute Nachricht sein. Der Geschäftsführer Sport hatte in der Vergangenheit ja durchaus gerne den Dialog gesucht, wenn er mit Entscheidungen nicht einverstanden war, und das kam gar nicht so selten vor. Künftig wird Reuter die Spiele also aus sicherer Entfernung von der Tribüne aus verfolgen, ebenso wie der Geschäftsführer Finanzen, Michael Ströll. Das Geschäftsführer-Duo steht in der Hierarchie über Jurendic. Dessen Vertrag läuft zunächst bis Mitte 2026.
Durch den künftigen Sportdirektor wird Reuter, seit Ende 2012 beim FCA, in der täglichen Arbeit deutlich entlastet. Auch seine mediale Präsenz könnte geringer werden. Zunächst aber baut Reuter noch federführend den Kader für die kommende Saison. Die Verpflichtung des Angreifers Sven Michel, 32, von Union Berlin steht dabei offenbar kurz bevor. Künftig erhoffen sie sich beim FCA von Jurendic und Moser, dass diese vor allem die Durchlässigkeit aus der Jugendabteilung zu den Profis erhöhen. Man wolle „die eigenen Nachwuchsspieler mehr in den Fokus rücken“, kündigte Jurendic bereits an. In Zürich war ihm das mit Moser gelungen. Aus dem Profikader des FCZ haben rund 45 Prozent der Spieler eine Vergangenheit in der eigenen Jugendabteilung.